Bachtellachs
Marke: Leibacher Biber-Manufaktur Markenmacher: Claudio Leibacher
Marke: Leibacher Biber-Manufaktur
Markenmacher: Claudio Leibacher
Eigentlich wollte der passionierte Sammler Claudio Leibacher nach seinem Geschichtsstudium zum Arbeiten ins Museum. Als er merkte, dass offene Stellen in diesem Bereich etwas Rares sind, überbrückte er die Zeit mit Praktika. Dann entschied er sich spontan, seinem schon als Kind gehegten Wunsch nach einer Ausbildung als Bäcker und Konditor nachzugehen. Heute kombiniert der Allrounder all seine Interessen geschickt: In seiner Manufaktur produziert und vertreibt er zusammen mit seinem Bruder Silvan feine Biber aus edlen Zutaten – ganz von Hand gemacht.
Claudio Leibacher ist ein leidenschaftlicher Sammler. Betritt man sein Haus im Zürcher Oberland, passiert man Objekte aus fast vergangen geglaubten Zeiten wie CD-Stehregale voller Platten, 90-er Jahre Stereoanlagen oder fast antik anmutende Haushaltsgerätschaften. Das Auffälligste in seinem Wohnzimmer ist jedoch das wandfüllende Regal voller alter Bügeleisen. Kein Modell fehlt: schwere, grosse, winzige, flache und wuchtige Exemplare stehen hier ordentlich und frei von jeglichem Staub in Reih und Glied. Auf die Passion angesprochen, beginnen die Augen des Historikers zu leuchten. «Gebügelt wird schon seit über 2000 Jahren. Ich mag es, anhand von einem Gegenstand durch die Geschichte zu reisen. Jedes Bügeleisen erzählt eine eigene Geschichte und verdeutlicht bestimmte Traditionen und Bräuche aus verschiedenen Ländern.»
Ich mag es, anhand von einem Gegenstand durch die Geschichte zu reisen.
Solche Gedankenreisen zu tätigen gefällt dem 33-Jährigen fast noch besser als tatsächlich zu verreisen. «Ich gehe Dingen am liebsten bis ganz auf den Grund. Ich erkunde auch gern eine Region in der Nähe bis ganz ins Detail, bevor ich mich den Flieger setze, um möglichst weit weg zu fliegen. Um etwas zu entdecken, muss ich nicht weit reisen», verrät er.
So ist auch sein Interesse an Modeln kein flüchtiges. Und um jegliche Missverständnisse zu vermeiden: «Der Model» ist weder ein Schreibfehler noch ein männliches Mannequin, sondern bezeichnet gemäss Definition die «Hohlform für meist zähflüssige, sich verfestigende oder formbare Substanzen, in denen durch einen Guss oder Ähnliches Formen reproduziert werden». In diesem Fall handelt es sich also um die mit einer handgemachten Schnitzerei versehene Holzform, in welche der Biberteig später gedrückt wird, damit er sein Motiv erhält.
Freude an Tradition
Aus der Schublade kramt Claudio Leibacher ein paar seiner wohl behüteten Model-Sammlerstücke hervor, von denen einige bis zu 500 Jahre alt sind. Bei aller Zurückhaltung und Bescheidenheit, die er ausstrahlt, kann man in diesem Moment einen Anflug von freudigem Stolz über sein Gesicht huschen sehen. Seine Frau streckt kurz den Kopf zur Tür herein, um Hallo zu sagen und verschwindet wieder. Claudio Leibacher fährt mit seiner Demonstration fort und zeigt ein Model mit fein geschnitztem Familienwappen aus St.Gallen, wo auch ein Teil der Leibacher-Familie herkomme, wie er erzählt.
Um etwas zu entdecken, muss ich nicht weit reisen.
In der oberen Etage seines Hauses steht am Fenster seine Hobelbank und rechts in der Ecke ein weiteres Regal mit – Bügeleisen. Die inhaltliche Verbindung der Sammelleidenschaft zum Arbeitsplatz hängt in Form eines dunklen Bretts mit Griff genau zwischen Regal und Bank: Es ist ein Mangelbrett aus Schweden: ein mit kunstvoller Schnitzerei verziertes Brett, das ursprünglich zusammen mit einer Holzrolle dazu diente, Wäsche zu glätten. «Es stammt aus Schweden», erzählt Claudio Leibacher und während er das tut, ist die Vorstellung von ihm als eingefleischtem Museumskurator leicht hervorzurufen. «Es wurde als Liebesgabe benutzt, was man hier...», er fährt mit dem Zeigefinger über den oberen Rand des Holzes, «sehr gut erkennen kann, weil das Datum der Hochzeit eingearbeitet wurde. Der Mann schnitzte es für seine Frau als Ehegabe, das war so üblich.» Die filigranen Schnitzereien im Mangelbrett seien eigentlich genau das, was beim Arbeiten mit seinen Modeln auch gemacht werde, erläutert er.
Auf der Hobelbank liegt – bereit zum Schnitzen – ein Stück Birnenholz mit einem Bild der Berner Zytglogge. Im Rahmen des Slow Food Market vom 11.-13. März wird Claudio Leibacher mit seinen Bibern in der Hauptstadt vertreten sein. Wenn er Glück habe, finde er für seine Biber jeweils eine Vorlage, die er dann nach seinen Wünschen abändere. «Dann bringe ich die Vorlage auf das Holz und beginne mit dem Schnitzen.» Über 100 Schnitzmesser besitzt der studierte Historiker. Schön aufgereiht liegen sie auf seiner Bank. Beigebracht hat er sich das Handwerk fast ganz alleine. «Zweimal hatte ich die Möglichkeit, jemandem über die Schulter zu schauen und zu lernen, den Rest habe ich durch Ausprobieren und Üben selbst gelernt.»
Familiäre Unterstützung
Für einen Model braucht Claudio Leibacher je nach Schwierigkeitsgrad und Grösse des Motivs zwischen zwei Stunden und zwei Tagen. Firmen können bei ihm auch ihr Logo schnitzen lassen und damit ihre eigenen Biber produzieren lassen. «All diese Dinge sind Ideen meines Bruders Silvan, der sich mit dem ganzen Markenaufbau sowie Strategie und Marketing auseinandersetzt. Ich bin Biberbäcker und Modelschnitzer, er kümmert sich um Marketing und Verkauf.» Die Rohstoffe beziehen die beiden Brüder wo immer möglich von lokalen Anbietern. Ihr Angebot umfasst nebst dem klassischen Honig-Biber einen weissen Biber aus Anisteig mit einer Füllung aus gerösteten Haselnüssen sowie einen veganen Biber, der mit einer zitronig-frischen Mandelfüllung überzeugt. Um den fehlenden Honig-Geschmack zu ersetzen (wenn nicht zu überbieten), wird in der Manufaktur ein Marc aus ihrem Heimatdorf Wermatswil verwendet.
Es ist schon lustig, wenn man bedenkt, dass wir als Kinder in diesem Raum geschaukelt haben, wo ich jetzt einen Grossteil meiner Zeit verbringe.
Rund acht Tonnen Biber hat die Manufaktur letztes Jahr hergestellt. Zu den Hochsaisons wie Weihnachten oder Ostern kann Claudio Leibacher auf ein Netzwerk von flexiblen Arbeitskräften zählen, die ihm bei der Produktion und beim Versand unter die Arme greifen. «Ab und an springen auch mal meine Eltern ein», schmunzelt er. Ihnen hat er zu verdanken, dass er die Manufaktur überhaupt gründen konnte. Sein Vater stellte ihm dafür nämlich den Keller des Elternhauses zur Verfügung, und der Sohn funktionierte diesen nach und nach zur Backstube um. «Es ist schon lustig, wenn man bedenkt, dass wir als Kinder in diesem Raum geschaukelt haben, wo ich jetzt einen Grossteil meiner Zeit verbringe», sagt er, als er durch die Räumlichkeiten führt. In der Backstube stehen drei Frauen, die allesamt mit der Produktion für Ostern beschäftigt sind. Man spürt, dass in diesem Haus Verbindungen bestehen; sei es zwischen früher und heute oder unter den Menschen, die in diesem Haus ein- und ausgehen und zusammenarbeiten. Inzwischen ist Claudio Leibacher mit seiner Frau in den anliegenden Hausteil gezogen und die beiden Häuser sind über die Backstube miteinander verbunden.