Zappala
Marke: Garance Doré Markenmacher: Garance Doré
Marke: Garance Doré
Markenmacher: Garance Doré
Fünf Jahre nachdem Garance Doré ihren ersten Eintrag im World Wide Web veröffentlichte, ist sie nicht nur die berühmteste Bloggerin Frankreichs sondern auch eine in der Modeindustrie gefragte Fotografin, Illustratorin und Video-Filmerin.
Fashionweek in Paris. Im Park Jardin des Tuileries knipsen seit Stunden die Streetstyle-Fotografen die spektakulären Outfits der Modewochen-Gäste.
Über Hunderte von Bildern haben die Hobbyfotografen bereits im Kasten, als diskret vor dem Eisentor Garance Doré ihr Fahrrad ankettet. Ihre Haare hat die groß gewachsene Französin nachlässig zu einem Dutt zusammen geknotet, sie trägt 12cm High Heels und die Kamera locker um die Schulter gehängt. Die 36-Jährige schlendert durch die wartende Masse an Fotografen, Gästen und Zuschauern.
Sie pickt sich die stylischsten Outfits heraus und bittet um eine Privataudienz, um das Portrait ins rechte Licht zu rücken. Leert sich der Platz, weil die Show beginnt, schließen sich die Tore vor den Fotografen. Ohne Einladung kein Einlass. Nur Garance Doré eilt an den Kontrollen vorbei zu den freundlich winkenden Public-Relations-Ladies, die sie zu ihrem Front-Row-Sitz begleiten. Die Sonderbehandlung hat einen Grund: Garance Doré ist Frankreichs, wenn nicht der Welt berühmteste Mode-Bloggerin. Rund 80’000 Besucher oder Visits (so genau weiß das sie selbst nicht) schauen täglich auf ihrer Website vorbei.
Und sie ist die Lebensgefährtin des noch berühmteren Bloggers Scott Schuman, der jeden Monat mit seinen Streetstyle-Bildern auf «The Sartorialist» 13 Millionen Leser anzieht. Zusammen bilden die beiden DAS Glamourpaar der Szene. Dabei begann alles – wie so oft in diesem neuen Medium – ganz harmlos. Im Juni 2006 lebt die gebürtige Korsin in Marseille und versucht sich als Autodidaktin in der Illustration. «Ich hatte mich sehr gelangweilt. Marseille ist eine kleine Stadt.»
Ich wollte meine Arbeit zeigen und suchte Leute, die meine Sprache sprechen. Also habe ich den Blog gegründet.
Sehr schnell, so sagt sie, bekam sie auf ihre Zeichnungen und Texte Resonanz. Nach nur einem halben Jahr zieht sie nach Paris um. «Für mich öffnete sich eine neue Welt mit neuen Perspektiven. Dort waren Leute, die meine Arbeit beachteten. Ich bekam erste Jobs angeboten.» Sie erweitert ihr Arbeitsspektrum und fängt an, Fotos zu machen. Die Wahl-Pariserin, die in Frankreich schnell ein kleiner Star des Worldwide Web wird, entschließt sich, ihren Blog auf Englisch zu übersetzen, um sich einem breiteren Publikum zu öffnen.
Die Rechnung geht auf: Garances Blog wird international bekannt und Scott Schuman, der erklärte Star der Streetstyle-Fotografie, wird auf sie aufmerksam. Die Begegnung der beiden auf der Pariser Fashionweek im Jahr 2007 hat Folgen.
Mit Scott hat sich alles geändert.
Er schenkt ihr eine bessere Kamera, verbessert ihren Stil, verschafft ihr Zugang in die erlesensten Fashionshows, die ihr bis dato verschlossen blieben. «Ich habe viel von ihm gelernt, aber vor allem hat er meine Sichtweise verändert. Er ist Amerikaner und daher sehr erfolgsorientiert.
Ich dagegen hinterfragte – typisch französisch – alles, was ich tat. Er gab mir das Selbstvertrauen, meine Arbeit gut zu finden und über meinen Schatten zu springen.» Im März 2009 werden die beiden offiziell ein Liebespaar. Die Romanze schlägt Wellen in der Bloggerszene. Doch nicht nur privat, sondern auch beruflich ändert sich vieles für die Mitte-Dreißigerin. Sie entwirft eine limitierte T-Shirt Edition für den amerikanischen Sportswear-Anbieter Gap, wird von der französischen Vogue zur Unterstützung des Online-Teams engagiert, shootet eine Modestrecke für die Elle France und die GQ kürt sie gar in die erlesene Riege der «Women of Fashion».
Wenig später greift Garance zur Videokamera und wird auch in diesem Medium schnell umgarnt.
Mich interessiert die Melange der drei Arbeitsweisen. Würde ich nur illustrieren oder nur Videos drehen, wäre meine Arbeit nicht ausgeglichen.
Une fille comme moi
Nur fünf Jahre nach dem Start ihres Blogs hat die Französin eine Kundenliste, nach der sich so mancher Profi-Fotograf die Finger lecken würde: Die Autodidaktin hat bereits für Moschino, Paule Ka, Chanel, Jil Sander, Chloé und diverse Frauenmagazine gearbeitet. Dass sie so erfolgreich sein würde, hat Garance Doré selbst nie erwartet und so ganz kann sie sich das Ganze auch nicht erklären. «Ich mag das, was ich tue und ich nehme meinen Blog sehr ernst. Meine Fotos wirken natürlich und in ihnen steckt Humor.
Vielleicht ist es auch die Tatsache, dass ich zugänglich bin und mich nicht verstelle, etwas anderes zu sein.» Une fille comme moi – so lautete ursprünglich der Titel ihres Blogs. Wie ein Mädchen von nebenan erzählte Garance dort von ihren Träumen, einen Designerschuh besitzen zu dürfen, für die neue it-Bag zu sparen oder von ihren Minderwertigkeitsgefühlen, sich nicht richtig stylen zu können. Wenn sie über ein Chloé-Kleid schrieb: «J’adore, j’adore, j’adore!» jubelten Hunderte ihrer Leserinnen. Die Themen, über die sie heute schreibt, haben sich kaum verändert, nur die Probleme sind jetzt andere. Die Designerschuhe besitzt sie nun, aber sie schauen an ihren Füßen Größe 40 nicht gut aus. Noch immer weiß sie nichts mit ihren dicken, dunklen Haaren anzufangen. Und dass sie ihr Vorhaben, gesünder zu leben und Sport zu treiben, für ein Croissant links liegen lässt, lässt die Kommentar-Spalte vor Begeisterung überlaufen.
Doch ist Garance Doré noch das Mädchen von nebenan? Den alten Titel ihres Blogs hat die heutige Wahl-New Yorkerin, die inzwischen mit Scott Schuman in einem schicken Loft in Greenwich Village wohnt, längst aufgegeben. Garance Doré ist zu einer Marke geworden. Die Frau dahinter benutzt ein Pseudonym, angelehnt an den bekannnten französischen Illustratoren Gustave Doré, und will ihre wirkliche Identität nicht preisgeben. Auch was die Französin eigentlich studiert hat, bleibt im Dunklen. Ihr Skype-Anschluss ist aus Achtung der Privatsphäre blockiert, eine Assistentin regelt die Kommunikation und macht ihre Termine aus. Auf der Fashionweek hat sie einen reservierten Platz in der begehrten ersten Reihe und die berühmtesten Moderedakteurinnen, in der Bloggerszene «Editorialista» genannt, sind mit ihr befreundet.
Sie habe sich leider sehr verändert, urteilen ein paar französische Blogger, die sie seit der ersten Stunde kennen. Und sie selbst sagt, dass sie sich an die Sachen, die glänzen, gewöhnt und keine Phantasmen mehr über die Mode habe. Die ständige Ankunft neuer Blogs sieht sie kritisch.
Heute starten die Leute einen Blog, um berühmt zu werden. Die meisten wissen nicht, wie viel harte Arbeit in so etwas steckt. Und nur die wenigstens haben die Ausdauer, das durchzuziehen.
Sie, die es geschafft hat, kann heute von ihrem Blog und den Nebenjobs, die mit dem Ruhm kamen, gut leben. «Wenn man im Rampenlicht steht, häufen sich die Angebote und Projekte. Man kann auswählen.» Für die Zukunft würde die Französin gerne ihr Themenspektrum erweitern. «Um Reisen, um Ernährung. Außerdem gibt es neue tolle Projekte, über die ich nicht sprechen kann.»
Ihre Zukunft sieht sie aber dennoch weiter in ihrem Blog: «Er gibt mir die Möglichkeit, mich auszudrücken, und er gibt mir Freiheit.»