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Marke: Tossa Markenmacher: Sonia Loser und Beat Hübscher
Marke: Tossa
Markenmacher: Sonia Loser und Beat Hübscher
Die Form folgt bei Tossa immer der Funktion. Und das gilt nicht nur für die handgefertigten Möbel des Gründerpaars Sonia Loosli und Beat Hübscher. Auch die Marke passt sich laufend den Gegebenheiten der Zeit an. Vor nicht allzu langer Zeit verkauften die Markenmacher einen Drittel ihres Unternehmens an den Produktionsleiter Ralf Geckeler, mit der Absicht, ihm eines Tages auch ihre beiden Anteile zu verkaufen. Eine spannende Zwischenphase für die Marke.
Zunächst machten Beat Hübscher und seine Frau Sonia Loosli nur aus einem Grund Möbel: der Freude wegen. Nebenher zogen sie ihre Kinder gross, bereisten die Welt, probierten vieles aus. Sie lebten fernab von Konsum, mitten in der Natur und genossen das Leben. Nahezu unbemerkt schob sich das Schreiner-Hobby irgendwann um ihren 40. Geburtstag in ihren Lebensmittelpunkt. Und ganz ohne es vorher geplant zu haben, entstand ein neuer Lebensabschnitt mit einem neuen Fokus, einer eigenen Möbelwerkstatt. Mit der Zeit wich der erste nostalgische, aber etwas sperrige Name «Möbelwerkstatt an der Töss» dem Namen Tossa und damit war plötzlich der Grundstein für ihre Marke gelegt. Diese etablierte sich seither von Objekt zu Objekt und wird inzwischen in über fünfzig Läden über den Fachhandel vertrieben. Seit März 2011 befindet sich die Möbelwerkstatt nicht mehr ganz so nah an der Töss wie an ihrem vorherigen Standort in Steg. Beat Hübscher meint, die extreme Frankenstärke habe enorm dazu beigetragen, dass viele Firmen aus dem Tösstal wegzogen.
Die Herstellung in der Schweiz und der ausschliessliche Verkauf über den Fachhandel machen unsere Möbel teuer.
Aber auch am neuen Standort in Turbenthal fliesst die Namensgeberin der Marke nicht mehr als zweihundert Meter weit entfernt. Das hohe Gebäude direkt an der Hauptstrasse, in dem die Möbel heute hergestellt werden, wurde 1940 erbaut. Sobald feststand, dass zunächst eine Weberei das Gebäude als ihren Standort nutzen würde, wurden die meterhohen Fenster verschlossen, weil zu viel Tageslicht für Textilverarbeitung ungeeignet ist. Die beiden Markenmacher Hübscher und Loosli brauchten ein grosses Vorstellungsvermögen, sich die ehemalige Weberei lichtdurchflutet vorzustellen, und als es dann soweit war, waren sie mehr als begeistert. Doch der Umzug an den neuen Standort stiess nicht sofort auf Anklang. «Veränderung ist etwas Gutes», findet Sonia Loosli, «doch beliebt ist sie nicht überall, viele Leute haben Angst davor.» In der neuen grossen Halle arbeiten nun alle zusammen, nicht wie vorher, wo jeder Arbeitsschritt in einem separaten Raum vonstatten ging. «Die Mitarbeitenden vermissten zu Anfang ihre Privatsphäre, dass jeder seine eigene Musik hören, seine Bilder aufhängen konnte», erklärt Beat Hübscher. «Aber die Arbeitsabläufe wurden optimiert und das Zusammensein im selben Raum erleichtert die Kommunikation.» Tossa produziert vor allem Tische, Betten und Sideboards. Nichts davon wird seriell hergestellt, sondern in Handarbeit. «Rein die Art, wie unser Tisch aussieht, macht ihn vielleicht nicht einzigartig. Am Ende ist es eine Tischplatte mit vier Beinen», sagt er pragmatisch und lacht. Aber die Handarbeit spiegelt sich in den Details: Manchmal werden Stunden darauf verwendet, Holzplatten mit einer ähnlichen Maserierung zu finden, nur damit ein Verlauf von der Tischplatte zum Tischbein nicht unterbrochen wird. «Die Vorzüge des Handwerks sollen sichtbar sein» findet Hübscher. «Ein industriell gefertigter Tisch ist überhaupt nicht schlechter als einer, der in Handarbeit entstanden ist. Aber es ist einfach etwas anderes.» Die meisten Produkte sind geölt und gewachst. Auf Anfrage würden sie auch lackiert, sagt Hübscher. «Aber die Zeiten haben sich diesbezüglich geändert.»
Heute will fast niemand mehr eine synthetische Schicht anfassen. Was man berühren will, ist das Holz.
Wo sie früher noch schräg von der Seite angeguckt worden seien, lägen sie heute mit dem natürlichen Look ihrer Objekte im Trend, meint Loosli. Und Hübscher erzählt: «Inzwischen schauen uns Kunden fast entsetzt an, wenn man sie fragt, ob sie ein Objekt lackiert haben wollen.» Hübscher mag es, dass man Tossa mit Echtheit in Verbindung bringt: «Über die Jahre habe ich eine Affinität dafür entwickelt.»
Übergang und Zukunft
Dafür dass Werte wie Echtheit und Natürlichkeit der Marke auch dann noch innewohnen, wenn das kreative Ehepaar sie in ein paar Jahren gänzlich in die Hände eines anderen übergibt, wird gesorgt. Produktionsleiter Ralf Geckeler, dem ein Drittel des Unternehmens gehört, ist seit einem Jahrzent bei Tossa. Die nächsten paar Jahre werden Loosli, Hübscher und er zu dritt über die Marke entscheiden und sie gemeinsam führen. «Zur Zeit machen wir eine Händlertour», sagt Hübscher, «um alle miteinander bekannt zu machen.»
Bei einer Marke wie Tossa ist der direkte Kontakt zu Händlern Chefsache.
«Die Firma wird stark über die Menschen definiert», sagt Loosli. «Deshalb ist es wichtig, dass der Inhaber die Kontakte selber pflegt.» Und Hübscher meint: «Jemand, der seit zehn Jahren bei uns arbeitet, muss solche Dinge aber nicht neu lernen, sondern kennt diese Werte schon.» Und trotz all der mehr oder minder bewussten Vorkehrungen für eine sanfte Übergabe scheint es ein wenig so, als wollte das Ehepaar am liebsten doch noch gar nicht so richtig über ein Leben nach Tossa nachdenken. «Die Anerkennung wird schon fehlen, und das ganze Geflecht», sinniert Loosli. «Aber genau aus diesem Grund haben wir das bereits im Vorfeld vertraglich vereinbart. Damit wir dann auch wirklich loslassen und nicht noch mit Neunzig durch die Werkstatt gehen und das Gefühl haben, wir müssten irgendwem sagen, was er zu tun habe», scherzt sie. «Eher sind wir dann in einem Seniorenklub und nerven dort alle anderen Mitglieder damit, was wir früher für tolle Typen waren», fügt Hübscher an und die beiden lachen vergnügt. «Wir planten unser Leben nie», erzählt er. «Aber im Nachhinein betrachtet war alles vom Timing her sehr stimmig.»
Die Antwort auf die Frage der Rentabilität eines Objekts eliminiert 98% aller Ideen, die man hat. Dass der einzige Sinn im Kreativsein irgendwann wieder nur darin besteht, mir selbst Freude zu bereiten, ist eine schöne Perspektive.
«Wir lebten vor Vierzig ein ganz anderes Leben, ohne den Druck, etwas tun zu müssen, was sich rentiert. Und jetzt müssen wir zwar Löhne bezahlen und die laufenden Kosten decken, aber es bereitet uns keine Sorgen und verursacht keinen Stress, da wir beide in diesem Moment nichts anderes lieber machen würden, als uns genau darum zu kümmern. Klar gibt es Dinge, auf die ich mich freue in der Zeit nach Tossa, aber emotional gesehen ist das im Moment kein Thema.» Und Loosli meint: «Und das gibt uns Ruhe, eine gewisse Sicherheit. Wir hatten vor Tossa ein schönes Leben. Und das danach wird sicherlich auch schön.» Aber noch geniessen sie das Jetzt und blinzeln der Sonne zu, die durch die hohen Fenstern grüsst.