Fisker
Marke: Création Baumann Markenmacher: Philippe Baumann
Marke: Création Baumann
Markenmacher: Philippe Baumann
Am 1. Oktober 1886 wurde im bernischen Langenthal die Leinenfabrik Brand & Baumann gegründet. 125 Jahre später heisst das Unternehmen Création Baumann und vertreibt weltweit Wohntextilien von exquisiter Qualität. Seine Spezialität sind nicht nur Design-Stoffe für edle Interieurs, sondern auch High-Tech-Textilien, die von Spitzenarchitekten, Theaterausstattern und Museumskuratoren ebenso geschätzt werden.
Eigentlich kann eine Firma wie Création Baumann in der Schweiz gar nicht existieren.
Denn die grosse Masse der weltweit hergestellten Textilien stammt aus Billiglohnländern wie China, Indien, Südkorea oder Taiwan. Der Preisdruck bei Vorhängen und Bezugsstoffen ist enorm, die hohen Produktionskosten und der Kurs des Schweizer Frankens zwingen exportorientierte Unternehmen zu Höchstleistungen. Création Baumann ist ein Musterbeispiel dafür, wie eine solche Strategie funktionieren kann.
Wir bedienen einen Nischenmarkt.
Seit dem Jahr 2000 führt Philippe Baumann das 125-jährige Traditionsunternehmen mit 260 Mitarbeitenden in vierter Generation – und er wirkt entspannt und selbstsicher dabei, auch mitten in einer Exportkrise.
Wenn der CEO und Inhaber durch die Gänge des gläsernen Verwaltungsgebäudes in Langenthal geht, grüssen ihn seine Mitarbeiterinnen locker mit «Hallo, Philippe!». Der 45-jährige Patron, der an der Elite-Hochschule St. Gallen Betriebswirtschaft mit Fokus Personalwesen studiert hat, pflegt einen kollegialen Führungsstil.
Die Menschen machen eine Marke aus.
Natürlich werden die Stoffbahnen in Langenthal längst nicht mehr auf dem Rasen vor der Fabrik zum Bleichen ausgespannt, wie dies eine Fotografie aus dem frühen 20. Jahrhundert im firmeneigenen Museum zeigt. Ein Schweizer Unternehmen, das in der Textilindustrie überleben will, muss seine Kunden mit innovativen Produkten, nachhaltiger Produktion, erstklassigem Service und attraktivem Design überzeugen. Ein Rundgang durch die Produktionsanlagen zeigt, was man bei Création Baumann darunter versteht: In der Weberei vibriert der Boden im Takt der ratternden Maschinen wie auf einem Ozeandampfer. Product Managerin Eliane Ernst, eine zierliche junge Frau, versucht den ohrenbetäubenden Lärm mit ihrer Stimme zu übertönen: «Hier werden Metallfäden in die Stoffe eingewoben», erklärt sie, und demonstriert uns auf einem anderen Webstuhl die Herstellung eines besonders dichten Verdunkelungsstoffes.
Vertretungen in 40 Ländern
Ein paar Räume weiter zeigt die ausgebildete Textildesignerin ein Gerät, das aussieht wie ein überdimensionierter Inkjet-Printer. Und das ist es auch: Per Digitaldruck werden damit von Künstlern gestaltete "Bilder" oder fotografische Vorlagen auf Stoff übertragen. Durch ein Labyrinth von Designstudios und Farblabors gelangt man schliesslich zu einem Fenster, das den Blick freigibt auf ein Hochregallager – den Stolz der Vertriebsabteilung: "Hier lagern 35'000 Stoffrollen im Wert von mehreren Millionen Franken", erklärt Eliane Ernst. Insgesamt bietet das Unternehmen über 6000 Artikelpositionen an. Zum Service gehört, dass jeder gewünschte Stoff innerhalb von 24 Stunden ausgeliefert wird – nach Übersee dauert der Versand maximal eine Woche. Création Baumann ist in 40 Ländern weltweit vertreten und hat Showrooms in New York, Paris, Tokio und London.
Dort werden beispielsweise Verdunkelungsstoffe gezeigt, denen man ihre Funktion nicht ansieht, schallschluckende Rollos, wie sie der Stararchitekt Renzo Piano für das Klee-Museum in Bern massschneidern liess oder Ausstellungstextilien, die keine Schadstoffe abgeben, wie sie etwa im British Museum zur Anwendung kommen.
Im Ricola Marketinggebäude in Laufen haben die Architekten Herzog & de Meuron in Zusammenarbeit mit den Künstlern Rosmarie Trockel und Adrian Schiess eine textile Innenwelt realisiert – Hersteller der Stoffe: selbstverständlich Création Baumann.
Mehrwert durch funktionale Stoffe
Textilien aus Langenthal bieten stets einen Mehrwert. Jeder neue Stoff wird ausserdem auf seine Akustikeigenschaften geprüft, so dass sofort Auskunft über die Absorptionsfähigkeit gegeben werden kann.
Wir kreieren Stoffe, die uns einzigartig machen.
Für Philippe Baumann ist die Unverwechselbarkeit der Produkte eine Lebensversicherung für seine Firma. Kann ein Stoff kopiert werden, verliert das Original seine Konkurrenzfähigkeit. Also geht es darum, einzigartige Textilien herzustellen, die ihren Preis rechtfertigen. Um die Bedürfnisse der Märkte und die neuen Trends frühzeitig zu erkennen, bereisen die Product Manager und Designer die ganze Welt, sagt Eliane Ernst.
Wir suchen systematisch nach Themen, durch die wir uns abheben können.
So ist es Création Baumann 2007 gelungen, eine Weltneuheit zu lancieren, mit der sie die Fachwelt verblüfften: Das Produkt mit der Bezeichnung «Gecko» ist ein selbsthaftendes, auf der Rückseite mit Silikon beschichtetes Textil, das auf Glas klebt. Der Stoff lässt sich beliebig von der Oberfläche entfernen und wieder befestigen – ein «Vorhang» ohne Aufhängevorrichtung. Eine andere innovative Technik des Langenthaler Unternehmens ist der Lasercut, der es erlaubt, beliebige Muster aus Geweben herauszuschneiden und Raumteiler oder Sichtschutz ästhetisch zu gestalten. Das zukünftige Megathema, an dem bei Création Baumann eifrig geforscht wird, sind jedoch energiesparende Textilien. Marketing Manager Corinne Hunziker zeigt mit Alu und Stahl bedampfte Stoffen, die an grossen Fensterfronten Licht und Wärme reflektieren. Innovation und Ästhetik – im Spannungsfeld dieser Werte hat Philippe Baumann seine Marke positioniert. «Hochwertig» und «stilvoll» sind die Kernbegriffe der Markenpersönlichkeit, «trendorientiert – aber nicht trendy» soll sie sein.
«Création» steht für unseren ästhetischen Anspruch. Bodenständigkeit und Nachhaltigkeit kommen im Namen Baumann zum Ausdruck.
Dieses hybride Selbstverständnis zeigt sich in der ganzen Unternehmenskultur: Création Baumann ist zwar seit Generationen in Langenthal verwurzelt – hat aber den Globus auf dem Radar. Philippe Baumann, der seine Affinität für Kunst und Kultur von seiner italienischen Mutter geerbt zu haben glaubt, engagiert sich sowohl im lokalen Wirtschaftsverband wie auch in der Kultur: Er gehört zu den Mitbegründern der international beachteten Schweizer Design-Biennale «Designer's Saturday» und sitzt im Vorstand des Kunsthauses Langenthal.
Bewunderung für Akris und Vitra
Fragt man ihn nach Marken, die er bewundert, überlegt er keine Sekunde: Akris.
Das in St. Gallen ansässige Modeunternehmen vereinigt wie Création Baumann schweizerische Tugenden mit internationalem Flair. Respekt hat er auch vor Vitra, einem anderen global agierenden Familienunternehmen. Weder Akris noch Vitra können jedoch auf eine vergleichbar lange Firmengeschichte zurückblicken wie Création Baumann. Und die Chancen stehen gut, dass die Tradition vielleicht auch noch eine fünfte Generation weitergeführt werden kann: Zusammen mit seiner Frau Prisca hat Philippe Baumann drei Söhne.