Atelier Bassi
Marke: Studio Toogood Markenmacher: Faye Toogood
Marke: Studio Toogood
Markenmacher: Faye Toogood
Die britische Möbel- und Interiordesignerin Faye Toogood machte sich mit ihrem eigenen Studio einen Namen. Ihre besondere Stärke liegt darin, unterschiedliche Materialien wie Holz, Messing und Stein miteinander zu kombinieren, um damit Welten zu erschaffen, die Geschichten erzählen.
Mit einem kunsthistorischen und einem musischen Studium im Gepäck machte sich vor gut zehn Jahren eine eigenwillige junge Dame auf flachen Schuhen und mit kurzem Haar auf den Weg ins Berufsleben.
Sie landete, nicht wie als Kind erträumt im Weltall oder auf der Theaterbühne, zunächst in einem Architekturbüro, wo sie vor allem lernte, was sie nie werden wollte (Architektin). Aus einem Impuls heraus bewarb sie sich daraufhin bei einem der renommiertesten Magazinen der Welt: «The World of Interiors». Nachdem sie anstelle einer Bewerbung einen Koffer voller gesammelter Sachen bei der Redaktion abgab, bekam sie, zu ihrem eigenen Entsetzen, die ausgeschriebene Stelle als «Stylist», ohne genau zu wissen, was fortan ihre Aufgabe sein würde. Um acht Jahre Erfahrung und einen Mann reicher (der inzwischen ihr Ehemann und Vater ihrer Tochter ist), verliess sie die britische Design-Bibel und machte sich mit ihrem eigenen kreativen Unternehmen selbstständig, dem «Studio Toogood». Zwei Äpfel, ein Joghurt und ein Pappbecher mit Deckel und Planet Organic Aufdruck stehen neben Faye Toogoods MacBook, das auf dem grossen Gemeinschaftstisch in der Mitte des Raumes liegt. Sie trägt Ballerinas, sitzt auf einem roten Gummiball, rollt leicht vor und zurück und lauscht konzentriert den Ausführungen zweier Mitarbeiter. Ebenfalls am Tisch sitzen zwei weitere Gestalter, die Skizzen besprechen. Aus dem einen oder anderen Computer dringt leise Musik, ab und an klingelt ein Telefon; es erfüllt ein konstanter, aber sanfter Geräuschpegel den offenen Arbeitsraum des Studios. Die eine Fensterfront, die einen Blick auf die typischen englischen Backsteingebäude, Bäume und die Kranen hinten am Horizont gewährt, ist gesäumt von einer Reihe von Designern, die flinken Hände auf der Tastatur und die modisch kreativ verpackten Hinterteile auf von Toogood entworfenen Stühlen. Der Himmel draussen ist ein grob gewobener Teppich, und die Ränder der grauen, dicken Wolkenstränge werden vom Kontrast des fordernden Sonnenlichts dahinter hervorgehoben.
Meine Arbeit soll immer mutig sein, aussergewöhnlich und nicht in derselben Form schon vorhanden.
Hansdampf in allen Gassen
Mit ihrer beruflichen Selbständigkeit ist Faye Toogood (die übrigens tatsächlich so heisst) erwachsen geworden. Nicht so erwachsen, dass sie im Dunkeln keine Angst mehr hätte oder als dass man sie nun in eine Schublade stecken könnte, sondern vielmehr im Sinne von selbstbewusst genug, all das zu tun, wonach ihr der Sinn steht. «Ich wurde schon als Möbeldesignerin, Stylistin, Künstlerin und Interior Spezialistin beschrieben. Und das trifft wohl auch alles zu», sagt sie, während ein Lächeln ihr apartes Gesicht krönt. «Aber ich bin an so, so vielen Dingen interessiert – ich würde mich nie auf etwas festlegen wollen! «Gierige Designerin» träfe es wohl am besten, auch wenn das vermutlich keine adäquate Berufsbezeichnung ist», scherzt sie. «Und ich mag es, wenn mich niemand ganz beschreiben kann, weil es bedeutet, dass meine Arbeit nicht stehenbleibt, sondern im steten Weiterentwicklungsprozess ist, und das ist gut. Sie soll immer mutig sein, aussergewöhnlich und nicht in derselben Form schon vorhanden.» Ihre wachen Augen, die je nach Lichteinfall den Anschein haben, nicht beide genau gleich blau zu sein, wandern den Holzbalken an der Decke entlang, bevor sie weiterspricht: «Ich denke, im Design wird oft gelehrt, dass man sich spezialisieren sollte, um erfolgreich zu sein. Die meisten designorientierten Unternehmen machen ja auch so ihren Profit, indem sie sich auf einen Stil festlegen und sich in einer Disziplin möglichst viel Wissen und Können aneignen. Hier machen wir das anders und versuchen vielleicht manchmal fast zu viel abzudecken.» Und es ist wahrlich nicht leicht, ihre Arbeit zu kategorisieren: Für das britische Kaufhaus Liberty entwarf das Studio neue Fenster, für den Industriedesigner Tom Dixon wurden Ausstellungsstände konzipiert, für KENZO eine Fashion Show auf die Beine gestellt und für den 2010 verstorbenen Modeschöpfer Alexander McQueen kümmert sich das Studio unter anderem um die markengerechte Inszenierung der Produkte in aufwändigen Lookbooks. «Ich finde einfach, es gibt so viel, was man noch ausprobieren könnte», sagt sie und lehnt sich weiter im Stuhl zurück.
Visuelle Geschichtenerzählerin
Ihre Einstellung versucht sie auch im Team zu verbreiten. «Ich sage immer: Es geht nicht nur um Farben, Material und um das Kombinieren schöner Dinge.» Faye legt viel mehr Wert darauf, was die Kompositionen aussagen. «Bevor wir ein Projekt beginnen, müssen wir uns die Frage stellen: Was wollen wir sagen, und wie sollen sich die Leute fühlen? Alle Antworten darauf sollten in der Umgebung, die man kreiert, gegeben werden. Und das ist etwas sehr Kraftvolles, weil man die Gefühle einer Person mit einem Raum berühren und verändern kann. Im Prinzip geht es darum, durch die Gestaltung eines Raumes, eine Geschichte zu erzählen.» Nutzt man diese Kraft des visuellen Storytelling, bekommt man intensive Reaktionen und genau das ist es, was Faye an ihrer Arbeit am meisten fasziniert.
Dass sich dreidimensionale Räume zum Geschichtenerzählen besser eignen als zweidimensionale Bilder, hat nicht nur damit zu tun, dass sie rein mathematisch schon um eine Dimension reicher sind, sondern viel mehr damit, dass Menschen involviert werden können und so einen Raum, oder eben die Geschichte, zum Leben erwecken und ihn durch ihr Erleben kontinuierlich verändern.
Ich glaube unserem Geschmack, wie auch unserem Stil, wohnt eine gewisse Konsistenz inne. Aber es gibt keine Formel dafür, und deshalb fürchte ich nicht, kopiert zu werden.
«Ein Stil, unser Design, entwickelt sich kontinuierlich und ist ausserdem immer abhängig von so vielen einzelnen Elementen: vom Auftraggeber, von der Zeit, von den Umständen ganz allgemein. Man mag ein einzelnes Objekt kopieren können, einen Stil nachahmen, aber das Gefühl, was ein Objekt auslöst, die Geschichte, die es erzählt, ist nie dieselbe.» Faye freut sich darüber, dass ihr Stil «irgendwo da draussen» und anderen Menschen zugänglich ist, ihnen sogar etwas bedeutet. Das Gefühl, dass sie ihre Ideen für sich behalten sollte, weil sie sonst kopiert werden könnten, kennt sie nicht. «Vielleicht liegt das daran, dass ich weiss, wie viel mehr da noch in meinem Kopf herumschwirrt, das nur darauf wartet, nach aussen zu gelangen!» lacht sie. Für Faye Toogood scheint die Welt ein grosses Bilderbuch. Wenn sie denkt, sieht sie Bilder. Stellt man ihr eine Frage, würde sie am liebsten mit einem Bild antworten. Wenn sie konzipiert, hat sie Visionen. Wie eine Übersetzerin muss sie ihre Bilder erst in Worte fassen, damit all diejenigen, die nicht in Bildern, sondern in Worten oder Zahlen denken, verstehen, was sie sagen will. Oder aber man lässt den verbalen Schritt aus, beruft sich ganz auf die Wahrnehmung und gibt sich dem wortlosen Erleben ihrer Arbeit hin. Diese Bereitschaft wird mit der Eintrittskarte in eine besondere Welt belohnt: Faye’s Wunderland – das Bilderbuch in ihrem Kopf.