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Kotur – Die hohe Kunst der Abendaccessoires

Marke: Kotur Markenmacher: Fiona Kotur

Marke: Kotur

Markenmacher: Fiona Kotur

Alles begann mit einem Warenlager voller Brokatstoffe. 14 Jahre später hat sich die Designerin und Wahl-Hongkongerin Fiona Kotur in der Modewelt etabliert: Mit Abendtaschen, Schuhen und Schmuck, die jede Robe zum Glänzen bringen.

Kotur-Taschen lieben Soireen und stehen gern im Scheinwerferlicht. Stars, die einen Blickfang für den Roten Teppich brauchen, schwören auf sie. Man muss nur die Fotos von Oscars- oder Golden-Globes-Verleihungen betrachten – wie stolz Nicole Kidman, Jennifer Lopez, Anne Hathaway oder Jessica Alba sich selbst und ihre Kotur den Fotografen präsentieren. „Lang lebe Hollywood!“ scheinen die hübschen Dinger auszurufen. Doch vermutlich wissen nur Insider, dass die Mutter dieser Clutches in Hongkong wirkt.

In unmittelbarer Nachbarschaft zum typischen Hongkonger Mix aus alten Geschäften, Hochhäusern, Boutiquen und Galerien, hat sich Fiona Kotur ein exklusives Stadthaus gestaltet. Meterhohe Fenster, moderne Kunst von Alexander Calder bis Candida Höfer. Und das Vintagesofa neben selbst-designten Cocktail-Tisch vor einer Art-Deco-Mini-Bar lässt ahnen, dass der Raum schon für so manche Kollektionsparty genutzt wurde. Es ist 10 Uhr morgens, und die 50-jährige Fiona kommt mit der Aura eines populären Upper East Side Girls die Treppe herabgeschwebt: Blond, chic, eloquent – und offen für alles.

So war sie schon immer. Als ihr Mann vor 15 Jahren das Angebot bekam, für eine Investmentbank in Hongkong zu arbeiten, ging sie mit zwei kleinen Söhnen das Abenteuer beherzt mit. Und ihre „Los geht’s!-Mentalität“ sollte belohnt werden: Kaum hatte sie sich in der chinesischen Metropole eingerichtet, fand sie einen grandiosen Schatz. Eine chinesische Freundin hatte ihr von einem Lager voller wertvoller Brokatstoffe aus den 50er/60er-Jahren erzählt. Der Besitzer des Familienbetriebes war 91 und hatte einst für die berühmtesten Couturehäuser Europas produziert. „Er war ein Exzentriker,“ erzählt sie, „bevor er einem Mitbewerber seine Betriebsgeheimnisse übergeben hätte, hätte er lieber zugesperrt und alles verrotten lassen.“ Doch Fiona erkannte die erstklassige Qualität sofort. Nach einer kurzen Unterredung mit ihrem Mann kaufte sie die unbeschädigten Meisterwerke zum vollen Preis – Rabatt gab es keinen. Und der Bestand zog in ihre damalige Wohnung um, wo man ihm ein ganzes Schlafzimmer opferte.

Vom niedlichen Charity-Objekt zum technisch anspruchsvollen Bestseller

Als sie 2003 um einen Beitrag für eine Benefiz-Aktion gebeten wurde, entwarf Kotur ihre ersten Minaudieres aus Brokat, gefertigt von Manufakturen in China. Davon verkaufte sie dann Tausende, unter anderem bei Bergdorf Goodman – sie hatte noch all ihre wertvollen Kontakte aus der Zeit als leitende Designerin für Accessoires bei Ralph Lauren. Doch das Kreieren der Miniaturtaschen machte ihr besonderen Spass. „Ich finde, dass man mit ihnen wunderbar seine Persönlichkeit ausdrücken kann,“ sagt Fiona. Die ersten Zeitschriftenartikel erschienen in den USA, wo man sie als Hausfrau portraitierte, die mehr oder weniger vom Wohnzimmer aus arbeitete. Und im Grunde stimmt das Bild noch heute – nur dass sie inzwischen vier Jungs hat, 16, 15, und die Zwillinge sind zehn Jahre alt. Ausserdem sind längst viele andere Materialien sowie Hunderte neuer Taschenmodelle dazu gekommen. 

Da ihre Brokatbestände nicht ewig reichten – und selbst italienische Manufakturen die alten Intarsienarbeiten beim besten Willen nicht kopieren konnten, fing sie an, Perlmutt aus den Philippinen zu verarbeiten, Lackkunst aus Thailand oder Schlangenhaut. Manche Modelle aus Acrylglas schreien ein lautes „Lucky“ oder ein Dollarzeichen, das zum Sound von Music aufleuchtet. An technischen Gimmicks hat sie erst mit der Zeit Gefallen gewonnen. Umso stolzer ist sie heute auf ihren „absoluten Bestseller“, die patentierte „Get Smart Bag“, bei der man das Smartphone per Magnet aussen trägt, sodass die Besitzerin damit problemlos telefonieren kann. 

Aufgewachsen in einem Gesamtkunstwerk

Die kreative Begabung hat sie von ihrer Mutter geerbt, Sheila Camera Kotur, „meiner wichtigsten Muse“. Die war Designerin, Modezeichnerin und Innenarchitektin, trug zur Gartenarbeit Pucci – und bis heute ihren charakteristischen dunklen Bob. „Mamas genaues Alter darf ich leider nicht sagen,“ grinst Fiona. Sie ist befreundet mit der 95-jährigen Stilikone Iris Apfel – und von ähnlich unermüdlichem Kaliber. Für die Website der Tochter fertigt Mama Kotur die Illustrationen, „wofür ich ihr sehr dankbar bin,“ so die Tochter.

Ihr Elternhaus war ein Gesamtkunstwerk voller Staffeleien, Kunstbüchern und englischen Gemälden. „Meine Schwester und ich wurden immer mitgezogen, zu Auktionen und Galerien, damals fanden wir es langweilig, heute zehre ich davon.“ Später studierte sie Kunstgeschichte und Literatur. Und heute noch ist die blaue Bibliothek, in der ein Originaltisch von Yves Klein dominiert, ihr Lieblingsort, wenn sie an einer neuen Kollektion feilt: „Ich liebe Pinterest, aber ein gutes Buch ist doch die beste Inspiration.“

Bereitwillig sucht sie ihren Ideengeber für die neuen, in Indien bestickten Taschen der Sommerkollektion heraus – Aaron Slims Buch „A Wonderful Time“. Der Fotograf hatte damals in den 60er-Jahren das Leben der High Society dokumentiert, die eleganten Soireen am Pool in Beverly Hills. Doch Fiona interessierten diesmal im Buch vor allem die exzentrischen Schmuckkreationen der Juweliere David Webb und Jean Schlumberger, die Liz Taylor so liebte. Kunst, Popkultur, Stars der Vergangenheit von Marchesa Casati bis zu Blondie. Sie kennt den Kanon, und es braucht nicht viel, um sie zu begeistern.

Ihr Büro liegt praktischerweise nur zwei Minuten entfernt. Aber der Grossteil ihrer Arbeit spielt sich draussen ab, bei Besuchen in chinesischen oder indischen Fabriken; in Gesprächen mit Einkäufern, Stylisten und Journalisten. Bis vor kurzem hatte sie noch einen grossen Showroom, doch der lohnt sich nicht mehr. „Der Luxusmarkt hat sich total verändert“, hat sie gemerkt. Die Kundinnen kaufen am liebsten online. Und eine Weltkarriere wie etwa die ihrer Freundin Tory Burch, die sie bei Ralph Lauren kennenlernte, und an deren Markengründung sie noch von Hongkong aus mitgearbeitet hat, strebte sie sowieso nie an. Ihre Prioritäten folgen dem Rat ihrer Mutter: „Design is too much work to keep it as a hobby – but it should work with your personal goals.“

„Design is too much work to keep it as a hobby – but it should work with your personal goals.“

Die Familie war für sie immer das Wichtigste. Morgens um 6 Uhr führt Fiona Kotur den Hund aus, danach macht sie Frühstück. Als ihr zweiter Sohn kurz auftaucht, fragt sie ihn zackig nach seiner Bewerbung für eine neue Schule. „Mein Alltag ist schon etwas chaotisch“, lacht sie. Insofern reicht ihr die schicke Nische in der Modewelt, die sie für sich in Hongkong aufgetan hat, völlig aus.

Einige ihrer liebsten Kreationen hat sie in ihrem mit goldener, handbemalter Seide tapezierten Ankleideraum aufgereiht. Der Raum ist ihr feminines Refugium gegen die männliche Übermacht im Haus. Hier findet man auch funkelnde Samt-Loafer und High Heels, die 2016 zu ihrer Kollektion dazugekommen sind –Schuhe, die ihre Kundinnen vom Businesslunch bis zur Cocktailparty tragen; sowie einen Teil der Schmuckkollektion, die sie kürzlich für Swarovski entworfen hat: Swarovski-Steine gefasst in Armreifen oder Ketten aus Walnussholz. „Diese Designanfrage hat mich sehr gefreut,“ sagt sie. „Das Schöne bei solchen Kollaborationen ist ja, dass sie mir auch ein neues Publikum erschliessen.“

Apropos Kundenerschliessung: In den nächsten Wochen wird sie ein eigenes Web-Magazin starten – „World of Kotur“. Den gleichen Namen trägt bereits der Blogteil auf ihrer Website, in dem sie die Inspirationen hinter jeder Tasche erklärt. Mit dem neuen Onlinemagazin will sie noch redaktioneller werden, noch mehr Lust auf ihren raffinierten Lebensstil machen. Selbstverständlich wird das Projekt direkt mit ihrem Online-Shop verlinkt sein. Neben ihrem untrüglichen Gespür für Trends hat sie sichtlich auch ein Talent fürs Geschäft. Immerhin das hat sie von ihrem Vater geerbt.

  • Bilder: Philipp Engelhorn
  • Text: Lisa von Ortenberg
  • Übersetzung: Tessa Pfenninger
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